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Ostsee

Karte

Stettin - Ückermünde - Krummnin - Oie - Rönne/Bornholm - Simrisham - Hanö - Karlskrona - Kalmar - Borgholm - Kalmar - Kristianopel - Utklippan - Christiansö - Nesksö/Bornholm - Swinemünde - Stettin

13. Juli bis 2. August 1996 16 Törns, 591 sm.
Crew: Julia, Joachim, Angelika, Bodo



Die Ostsee - eine kühle Schöne

1996 war ein Sommer, der uns - insbesondere den Damen - die Ostsee vergraulte. Es ging fast nur gegen und das Wasser hatte im Juli an einer Stelle 9°C! Julia steuerte mit Handschuhen. In Ückermünde ließen wir die erste Motorwartung machen und eine Eberspächer-Heizung einbauen. Dringend nötig! Trotz langem Probelauf blieb nach dem Ablegen der Motor stehen. Also anlegen auf der recht schmalen Ücker am unbefestigten Ufer im Strom ohne Motor oder Segel! Na ja, immerhin ohne Kratzer.

Auf dem Greifswalder Bodden wehte es aus West mit 5-7 Windstärken. Der kleine Hafen von Ruden war, wie man schon von außen sah, dicht belegt. Während wir im Mai dort noch fast allein lagen, waren jetzt, im Juli, die westdeutschen Freizeitskipper in großen Scharen eingefallen. Der ehemals für den DDR-Grenzschutz bestimmte Hafen auf der Greifwalder Oie war damals für Sportboote noch gesperrt. Bei einem UKW-Gespräch mit dem Skipper einer großen traditionellen Ketsch empfahl er, uns in Lee der Oie frei ankernd vor die Küste zu legen, was sich auch als akzeptabel erwies. Das ist etwas, was man im Mittelmeer höchst ungern macht, weil dort die Winde nicht so stetig sind, von den meist steilen Küsten Fallböen herunterkommen und man immer mit Gewittern rechnen muss. So etwas traf uns aber auch auf der Überfahrt nach Bornholm: eine schwarze Wolkenwand mit einer Schauerböe, die aber glücklicherweise beim Einlaufen nach Rönne durchgezogen war.

Bornholm-Kirche

Bei einer Inselrundfahrt auf Bornholm beeindruckten uns besonders die sehr originellen und hübschen Rundkirchen. Hier erfuhren wir außer der Schönheit der Inseln und später dem Zauber der Schären etwas sehr Positives für Törns in Skandinavien: Die große Freundlichkeit in Dänemark und Schweden. Wir wurde fast überall mit einem Willkommen begrüßt. Das unterschied sich sehr von der reservierten bis unfreundlichen Art, mit der man in polnischen Häfen begrüßt oder eben nicht begrüßt) wurde.

Karlskrona-Schloss
Über Simrisham und die paradiesisch schöne Insel Hanö mit einem großen Wildreservat liefen wir durch das Inselgewirr nach Karlskrona, wo wir - auch wegen der Silberhochzeit des Eignerpaares - einen Ruhetag einlegten. Danach ging es - wieder durch Schärenfahrwasser - an die Ostküste Schwedens, in den Sund zwischen der Insel Öland und dem schwedischen Festland. Dabei passierte unserem Skipper ein navigatorisches Missgeschick, das gottseidank glimpflich ausging. Wegen der entgegenstehenden Sonne wurde eine rote und grüne Tonne verwechselt und eine Bake auf einem Riff für die rote Begrenzung gehalten. Wir rutschten aber über das Riff mit immerhin noch einem halben Meter Wasser unter dem Kiel.

In Kalmar zeigte sich wieder in die Aufgeschlossenheit der Schweden für den Bootstourismus: Ein ganzes Hafenbecken ist ausschließlich für Tagesgäste reserviert. Bis dahin waren wir fast nur gegenan bei Temperaturen kaum über 15 Grad Celsius gesegelt, also in Pullover und Ölzeug. Ab Kalmar nach Borgholm an Nordende von Öland segelten wir vor dem Wind bei bis zu 22°C. Das war dann aber auch das einzige Mal, dass die Damen einen Badeanzug anbekamen zum Sonnen. Das Wasser war immer noch lausig kalt. An einer Stelle zeigte Instrument 9°C an!

Zurück ging es über die schwedische Schärengruppe Utklippan und die östlichste dänische Doppel-Insel Christiansö - mit einer Festung, die während der napoleonischen Kriege von einem britischen Geschwader einige Breitseiten erhielt - nach Neksö auf Bornholm. In Christiansö hatten wir noch eine Schrecksekunde: Wir hatten längsseits am Kopf eines Stegs angelegt, weil alle anderen Liegeplätze belegt waren und die äußeren Boote der Päckchen zu klein waren, um die Carioca dort noch heranzulegen. Eine Leine zu einem anderen Boot sicherte die Position an dem nur ca. 4 m breiten Stegkopf. Abends spielten wir unter Deck Karten, als wir ein Poltern am Vorschiff hörten.

Der Kopfschlag auf unserem Achterdecks-Poller hatte sich gelöst und ohne die Verbindung zum Nachbarschiff war die Carioca um den Stegkopf herum an die Außenseite des Stegs und dort auf die Steine geschwoit. Es war kaum Wind und Seegang, also war es nicht so schlimm. Seither bin ich aber sehr vorsichtig mit dem heutigen Kunststoff-Tauwerk, das viel glatter ist als das Hanfmaterial, für das die Knoten und Schläge bei der traditionellen Marine bestimmt waren, und sich leichter von selbst löst. Wer mit heutigem Tauwerk eine Webleine, also die Leitersprosse zwischen den Wanten der Segelschiffe, mit einem dafür bestimmten Webleinstek festmachen würde, hätte schon für freien Fall beim Aufentern gesorgt! Eine weitere Lehre kann man ziehen: An Bord der meisten Segelboote, so auch der Carioca, lebt man im Souterrain, kann also nicht aus den Fenstern sehen. Bei einer Deckshausyacht hätten wir das sofort gemerkt.

Für den 78 sm-Törn nach Swinemünde liefen wir schon um 5:00 aus. Es war dunstig, so dass unser neues Radar einen Einstand feierte. Bei Flaute gegenan kamen wir unter Motor so schnell voran, so dass wir schon um 16:00 in Swinemünde beim polnischen Zoll einklarieren konnten, was dank einwandfreier Papiere und einer Plastiktüte mit drei Bierbüchsen problemlos war. Nach der Station in Swinemünde, mit sehr unfreundlicher Bedienung beim Einkaufen und ärmlichen Umgebung, liefen wir über die Kaiserfahrt und über das Stettiner Haff die Oder auswärts zum Interster. Im Haff machten wir eine kleine Badepause, weil sich dort das Wasser wenigstens auf knapp unter 20°C erwärmt hatte. Einziges Baden auf dieser Reise.

Danach ist es verständlich, dass insbesondere die Damen darauf drängten, das Schiff wieder in wärmere Gefielde zu bringen. Es nutzte auch nicht, zu argumentieren, dass das Jahr 1996 dort oben einen besonders kalten Sommer erlebte, während das Vorjahr extrem warm war. Es wurde beschlossen: Zurück ins Mittelmeer, aber wie? Wir wären gern binnen gefahren, aber die französischen Kanäle fielen aus: Maximal 1,80 m im Scheitelbereich aller Kanalwege. Die Donau war immer noch zu unsicher: Brücken lagen nach dem Balkankrieg noch in der Donau. Also: außen rum. Vorerst musste aber das Schiff fertig werden. Auf der Werft hatte sich die Lage dramatisch verschlechtert. So fiel auch 1997 aus und wir hatten Mühe, die Carioca bis 1998 halbwegs fertig zu bekommen.

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